Vorsicht Stadtverwaltung

Über Stadtverwaltungen und die vielfach dort herrschenden Vorstellungen, wie man mit Antragstellern – oder ganz allgemein mit dem rechtssuchenden Bürger – umgehen darf, könnte wohl jeder Anwalt stundenlang erzählen, weil er gewissermaßen von Berufs wegen in einer Vielzahl von – teilweise vollkommen banalen – Fällen damit in Berührung kommt. Jedesmal fragt man sich: ist das Absicht? Oder Unfähigkeit? Oder beides? Und wie abschreckend muß das auf den Einzelnen wirken, der ja mangels Erfahrung nicht wissen kann, daß die Unfähigkeiten und Reibungsverluste, die einem da in einer Vielzahl von Fällen entgegenquietschen, zum System gehören, nicht persönlich gemeint sind, sondern der jeweiligen Verwaltung nun einmal zu eigen sind.

(Jedem Kommunalbeamten, der sich jetzt beleidigt in die Brust wirft – in seiner Verwaltung herrsche straffe Ordnung und chromglitzernde Effizienz – rufe ich trostvoll zu: Ausnahmen bestätigen die Regel!)

Ein aktuelles und mir recht anschauliches Beispiel, wie man einfache Vorgänge so kompliziert gestalten kann, daß die Überlastung, die man stets gefühlt hat, auch tatsächlich eintritt, aus Gütersloh (knapp 100.000 Einwohner, eine homepage so spannend wie das Land – Ostwestfalen-Lippe eben! Zufall? Zufall!).

Ein einfacher Vorgang:

1. Einwohnermeldeamtsanfrage per Fax an das Bürgerbüro mit gleichzeitiger Überweisung der Gebühr

2. Eine Woche später (Großstädte haben in dieser Zeit die Anfrage längst erledigt): unbearbeitete Rücksendung der Anfrage per Post mit einem „Fragebogen“ – wofür die Auskunft verwendet werden soll.

3. Das geht die Stadtverwaltung nichts an. Versicherung, daß die Auskunft nicht für Adresswerbung verwendet wird und erneute Anfrage.

4. Fünf Tage später: erneute Rücksendung der unbearbeiteten Anfrage mit der Mitteilung, man hätte soviel zu tun und die Gebühren für die Auskünfte seien so gering, man solle die Gebühr bar oder per Scheck – und bitte nicht in Briefmarken! – beifügen, könne aber auch überweisen. Irgendein hochqualifizierter – oder jedenfalls im Gebrauch des grünen Textmarkers geschulter – Verwaltungsangestellter hat mir sorgfältig markiert, worauf es bei der Zahlung ankommt.

5. Nun hatte ich ja schon überwiesen. Die Rücksendung des Antrags stellt jedenfalls die Verweigerung dessen Bearbeitung dar, möglicherweise auch dessen stillschweigende Ablehnung. Wogegen die Verpflichtungsklage zum zuständigen Verwaltungsgericht Minden – allerdings ebenfalls Ostwestfalen – gegeben wäre. Aber das hieße vielleicht doch mit Kanonen auf Spatzen schießen.

6. Jedenfalls: aus einer einfachen Anfrage (Fax hin und her, wie in solchen Fällen üblich) ist jetzt ein „Vorgang“ mit neun (9) Seiten geworden – und noch keine Auskunft.

6. Ich habe erst einmal an den Bürgermeister Henning Schulz geschrieben. 2015 neu gewählt ist er vielleicht der neue Besen, den nach dem Sprichwort gut kehrt. Andererseits: vielleicht setzt er das Lustspiel ja fort?

7. Nachtrag: den Bürgermeister erreichte mein Schreiben am Freitag 20.11.2015 um 23:23 Uhr. Die Antwort kam am Montag 23.11.2015 um 16:56 Uhr, 65 Stunden und 33 Minuten später, Wochenende inbegriffen. Das war prompt.

 

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