Denken im Vollzug (reloaded)

… und zwar im Strafvollzug, geht so:

Weil der Strafgefangene vor Jahren (zuletzt 2012) immer wieder Straftaten begangen hat, ist eine kriminelle Verfestigung anzunehmen.

Fragt man sich: wie lange müßte der Strafgefangene denn keine Straftaten mehr begehen, bevor ein Vollzugsbediensteter auf den Gedanken kommt, daß von einer kriminellen Verfestigung nicht mehr gesprochen werden kann? Nein, das fragt man sich nicht.

Weil die Selbstreflektion nicht in ausreichendem Maß für eine Zusammenarbeit mit dem Psychologischen Dienst der JVA entwickelt ist, wird mit ihm keine Straftataufarbeitung betrieben.

Wäre er zu Selbstreflektion in ausreichendem Maße in der Lage, bräuchte er dann den Psychologischen Dienst?

Wegen seiner intellektuellen Disposition (was mag der Regierungsdirektor damit meinen?) wird nicht davon ausgegangen, daß sich daran noch mal was ändert.

Der eigentliche Dreh kommt jetzt:

Mangels Straftataufarbeitung gibts keine Lockerung und keine vorzeitige Entlassung.

So einfach kann es sein. Wegen seiner intellektuellen Disposition merkt der Betroffene nicht, was da mit ihm geschieht, nur, daß andere, die in Gesprächen unter Knastbrüdern ein eher lockeres Verhältnis zur eigenen kriminellen Verfestigung haben, viel früher draußen sind.

Was dem Regierungsdirektor wiederum ein Rätsel ist: warum hat die so gehandhabte Resozialisierungsfunktion des Strafvollzugs einen so schlechten Wirkungsgrad?

Fortsetzung: Der Vollzugsleiter weiß es. Herr Enger schreibt dazu am 02.02.2016 folgendes.

Der Inhaftierte ist es, der „die Ursachen dafür setzt, dass eine Straftataufarbeitung mit den hier zur Verfügung stehenden Mitteln nicht indiziert ist… [Das] geht einzig zu seinen Lasten und liegt in seinen kognitiven Grundstrukturen begründet.“

Was bedeutet das? Das bedeutet: „Die Anstalt, deren Vollzugsleiter ich bin, kriegt die psychologische Betreuung des Gefangenen nicht hin, zu der wir eigentlich verpflichtet wären. Das liegt daran, daß der Gefangene nicht kapiert, was wir von ihm wollen, und daran, daß wir nicht in der Lage sind, uns auf sein Niveau herabzulassen. Da hat er Pech.“

Schlimm ist nicht mal, daß Herr Enger offenbar nicht mitbekommt, was er mit dieser beruflichen Einstellung Tag für Tag anrichtet. Das liegt an seinen kognitiven Grundstrukturen.

Schlimm ist, daß alle seine Vorgesetzten ihn in dieser Weise werkeln lassen. Was kann der Strafvollzug im Land Sachsen-Anhalt unter diesen Umständen bewirken – außer stumpfer Aufbewahrung? Wieviel Schaden muß diese Haltung anrichten? Die keiner kognitiven Grundstruktur lange verborgen bleiben wird.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert