Nachwort zu einer Erzählung, die noch nicht geschrieben ist

Los geht´s mit dem beA ja erst am 01.01.2018. Aber man kann jetzt schon haarsträubende Geschichten erzählen. Wie wird das im neuen Jahr ablaufen? Wenn man aufgrund der zurückliegenden Zeit eine Prognose abgeben soll, etwa so.

Bei der Anmeldung und beim Betrieb des beA greifen Browser und ein separates client security Programm eng verzahnt zusammen auf den beA-Server zu. Wie diese Zusammenarbeit funktioniert und welches Modul wann auf den Server zugreift und vor allem: woran es jetzt gelegen hat, daß Weiterleitung empfangener Sendungen oder die Sendung eigener Nachrichten nicht funktioniert hat, ist für den Benutzer völlig intransparent.
Fehlermeldungen wie „Es ist ein Verbindungsfehler aufgetreten. Bitte überprüfen Sie Ihre Internetverbindung.“ sind falsch.
Vollzugsmeldungen wie „Ihre Nachricht wurde verschlüsselt und gesendet.“ sind ebenfalls falsch. Wenn diese Nachricht kommt, heißt das nicht, daß die Nachricht den Server des Empfängers erreicht hat – und darauf dürfte es für fristgebundene Sendungen ankommen. Das wird nicht extra bestätigt. Dafür muß man entweder das Fach „Postausgang“ öffnen. Solange die Nachricht dort erscheint, ist sie nicht abgegangen und die Frist ist nicht gewahrt. Oder das Fach „Gesendet“ öffnen. Wenn die Nachricht dort mit dem Vermerk „Erfolgreich“ erscheint, ist sie wahrscheinlich beim Server des Empfängers eingegangen. Das kann übrigens einige Zeit dauern.
Was das für die Anwaltshaftung bei Sendungen bedeutet, von denen der Anwalt davon ausging, sie seien „gesendet“, aber – Überraschung! – dann doch nicht angekommen, kann man sich vorstellen.

Am 25.11.2017 wurde eine geänderte Version der beA-Software (der Javascript-Prozedur, auf der die Darstellung des Postfachs im Browser beruht) installiert. Erfahren hat das der Benutzer nur durch Zufall. Es wurde vorher nicht angekündigt. Es war eben beA für einige Zeit nicht erreichbar. Nachrichten konnten in dieser Zeit nicht versandt werden und es wurde auch nicht kommuniziert, wann das wieder möglich sein würde. Wenn man nicht wüßte, daß für´s beA erhebliche Mittel aufgewendet werden, für die wiederum Anwälte zur Zahlung verpflichtet werden, die mit diesem Bastelwerk arbeiten müssen, würde man denken, es handle sich um die elektrische Eisenbahn im Keller irgendeines Rentners, die dieser nach Lust und Laune der Öffentlichkeit zugänglich macht oder nicht. Aber man wird damit arbeiten müssen und dafür ist die Umgang mit den Betroffenen sehr eigenartig.

Nach dem Update am 25.11.2017 wurde der Zugang zum beA auf einmal sehr ausfallbedroht. Mal funktionierte schon die Anmeldung nicht. Mal ließen sich Nachrichten nicht versenden. In etwa 50% der Versuche blieb die Prozedur irgendwo stecken. Fehlermeldungen sind bei diesem System nach meinem Eindruck erstens Mangelware und zweitens irreführend. Wenn es wirklich klemmt, kommt gar keine Fehlermeldung, sondern die Prozedur bleibt einfach stehen. Man erfährt nicht, woran es liegt. Man kann nur abbrechen und von vorne anfangen. Dieses Programm geht mit der Arbeitszeit von Anwälten um wie VW mit der Abgasreinigung. Der schöne Schein muß genügen.

Bei der Suche nach der Fehlerursache erfuhr ich, daß seit geraumer Zeit (konkreter wurde es auf ausdrückliche Nachfrage nicht) ein neuer client security installer vorhanden sei (Version 1.0.1.0.), während ich noch die Version 1.0.0.2. hatte. Dafür gibt es aber kein Update. Und natürlich gab´s auch keine Benachrichtigung. Sondern der Benutzer muß in der Systemsteuerung seines Windows-Betriebssystems selbst den beA client security installer deinstallieren (kein Witz!) und dann von der beA-homepage den neuen installer herunterladen und installieren.
Wie darf man sich das in Zukunft vorstellen? Ab 01.01.2018 arbeiten tausende von Anwälten mit dieser Software. Der Betreiber der Seite entschließt sich, einen neuen client security installer herauszubringen. Nicht einer – nein tausende Benutzer werden dann anfragen, warum der Zugang nicht mehr funktioniert. Die werden dann – wenn sie es schaffen, zur hotline durchzudringen – darauf verwiesen, den alten installer zu deinstallieren und den neuen zu installieren. That´s rock´n´roll!

Seit vielen Monaten tritt beim Aufruf empfangener Nachrichten folgendes Phänomen auf. Nachdem die Meldung „Die Nachricht wird entschlüsselt und geöffnet“ erschienen ist, sind plötzlich sämtliche Anhänge (die PDF-Dateien mit den Schriftsätzen, auf die es gerade ankommt) nicht mehr sichtbar. Das betrifft ausschließlich Nachrichten vom Gericht – die aber alle.
Die endlose Suche nach der Ursache in Telefonkonferenzen mit der Hotline (an dieser Stelle unvermeidbar: Grüß Gott, Herr Pollner!) hat schließlich eins zutage gefördert: wenn das Fenster, in dem das beA geöffnet ist, eine bestimmte Breite unterschreitet, werden die Anhänge in Nachrichten von Gerichten ausgeblendet. Können Sie sich so eine Fehlleistung eines Programms vorstellen? Auf so etwas muß man erst einmal kommen. Ob und wann es hier eine Abhilfe gibt, steht in den Sternen.

Aber dieses Phänomen führt doch zu zwei Gedanken:
1. was mag eine Software, die so programmiert ist, daß eine bestimmte Breite des Fensters erforderlich aber nirgendwo dokumentiert ist, noch so alles enthalten, was sie in der Praxis ausgesprochen unkomfortabel macht? Die Antwort liegt nicht nur auf der Hand, sie ist leider auch richtig. Diese Software ist an sehr sehr vielen Stellen schräg und an einigen Stellen richtig absonderlich, so daß sie das Arbeiten außerordentlich erschwert.
2. wer mag diese Software geschrieben haben? Das ist entweder der eigensinnigste und skurrilste Javascript-Programmierer, der sich für Geld auftreiben ließ, und dessen Ideen, wie ein user-Interface auszusehen hat, sich hoffentlich nie durchsetzen werden. Oder das ist jemand, der keine Ahnung hat, was er da eigentlich tut, und dem zu empfehlen wäre, sich mit Dingen zu beschäftigen, bei denen er weniger Schaden anrichten kann. Was ich mir nicht vorstellen kann, ist, daß ein ganzes Team so viel Unsinn anrichten kann. Aber wer weiß? Wenn es nur einer ist: ich würde ihn – nur interessehalber – gerne kennenlernen. Also: wer den Meister kennt, möge sich melden.

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