Eine Weihnachtsgeschichte

Der in Togo geborene Dawud und sein vertrautes Weib Saudatu machen sich aus Ghana, wo beide seit ihrer Kindheit gelebt haben, mit 27 Jahren auf nach Cagliari auf Sardinien. Das sind etwa 6.000 km. Und dann reist das Paar weiter nach Unna. Das sind weitere 1.700 km. Von dort wird das Paar weitergeschickt – denn sie hatten keinen Raum in der Herberge – nach Karlsruhe und dann nach Mannheim. Diese Kilometer zählen wir jetzt mal nicht. Und hier angekommen – nach monatelanger Reise und knapp 8.000 km – hatten die beiden irgendwie ihre Heiratsurkunde nicht zu Hand. Zwar war die Frau schwanger und beide erklärten, sie wüßten ganz genau, daß sie verheiratet wären. Aber – hier endet die Parallele zum Stall von Bethlehem und es wird ernst – es konnte nicht sein, daß beide in Baden-Württemberg blieben. Zwar konnte der Ehemann wohl bleiben – nein er mußte das sogar, weil er diesem Bundesland zugewiesen worden war. Aber die Frau mußte nach Sachsen-Anhalt und in einen anderen Stall. Der liegt am Trüben Weg in Klietz (so heißt das da).
Zwar hat sich inzwischen die Heiratsurkunde wieder angefunden. Nur ist die Verteilung nun einmal erfolgt und die läßt sich nicht rückgängig machen.
Und wie ging das, was als eine Art Weihnachtsgeschichte begonnen hatte, in der Wirklichkeit weiter?

Nun, wie sich das für eine moderne Weihnachtsgeschichte gehört, mit einer email des Sachbearbeiters Volker J an Jacob D, die da lautete:
„Hi Jacob,
es ist so, wie Du vermutet hast. LEIDER
Die Antragsteller Dawud … und Saudatu … konnten nicht nachweisen, dass sie verheiratet sind. Daher kann das BAMF nur den Antragsteller Dawud hier registrieren. De Antragstellerin Saudatu müsste nach NRW oder Sachsen-Anhalt zur Antragstellung“.

Da war man an sich noch nicht so wirklich weit weg von Josef und Maria, denn die hatten bestimmt auch keine Heiratsurkunde dabei.
Aber Jacob D schrieb an die Menge der himmlischen Heerscharen, die noch mit diesem Fall befaßt waren, nämlich an Katarina B, Carolin W, Doreen K, Anna B, Christian Pf und Christian B, was nun zu tun wäre. Und alle Beteiligten wirkten kräftig mit, die Eheleute in zwei Ställen, die möglichst weit voneinander entfernt waren unterzubringen. Und war das nun ein Fortschritt gegenüber vor 2.000 Jahren, als es nur ein einziger Stall gewesen war, und den hatte man sich noch mit Ochs und Esel teilen müssen?

Nun war ein Stall in Heidenheim an der Brenz und der andere in Klietz am Trüben Weg. Ach – und fröhliche Weihnachten!

Und alle Beteiligten dachten sich nichts Böses dabei, sondern taten nur, was Ihnen aufgetragen worden war, und im übrigen war ihnen das Schicksal der beiden ja auch ziemlich egal.

Nun ja, nicht ganz. Die Sachbearbeiterin in Heidenheim, Franziska A, scheint doch ein gewisses Interesse an der Sache entwickelt zu haben. Sie schreibt in einer email an ihr Regierungspräsidium:

„… habe o.G. Person heute eine Duldung ausgestellt.
Ich hoffe, dass er nächste Woche zur Abholung vorbei kommen wird.
Ist in Sachen Abschiebung schon etwas geplant?
Wir haben eine Umverteilungsantrag der „Ehefrau“ vorliegen.
Sie möchte zu ihm nach Heidenheim ziehen.
Sollte er aber zeitnah abgeschoben werden, wäre der Umverteilungsantrag hinfällig.“

Nun ist Weihnachten. Und er ist immer noch da. Der Umverteilungsantrag ist nicht hinfällig. Aber auch nicht entschieden. Ob die beiden zusammen feiern können, steht in den Sternen. In den Akten des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge (das man mal umbenennen müßte: „für“ ist ein redaktioneller Fehler, es muß „gegen“ heißen) steht es nicht so.

Man sieht: es hat sich nicht so viel geändert in den letzten 2.000 Jahren. Nur haben Maria und Joseph jetzt akkurate Aktenzeichen. Bei ihr ist es Verwaltungsgericht Magdeburg – 7 A 848/17 – und bei ihm Verwaltungsgericht Stuttgart – A 5 K 17836/17 -. So hat doch alles seine Ordnung. Aber der Mensch ist noch immer des Menschen Feind.

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