Die objektivste Behörde der Welt und der Verteidiger

Die objektivste Behörde der Welt – so bezeichnet sich gelegentlich die Staatsanwaltschaft selbst. Und wenn das auch in den Augen so manches Betroffenen als schlechter Scherz erscheinen mag – die Vertreter dieser Behörde glauben daran!

Manchmal ist diese Behörde sogar so objektiv, daß die Teilnahme anderer an den Ermittlungen nur schaden könnte. So etwa in diesem Fall (- 415 Js 1100/17 -).

Irgendjemand hat zu Silvester einen Knallkörper in einen Briefkasten gesteckt (oder so ähnlich). Der Briefkasten war nachher wohl hin. Was diese Tat aber zu einem schweren Verbrechen machte, war der Umstand, daß es der Briefkasten eines Polizeibeamten war. Man ahnt schon, daß sich die Tat gegen die Staatsmacht als solche gerichtet haben muß und folglich exemplarisch verfolgt gehört.

Zeugen werden durch die Polizei in aufdringlichster Weise vernommen. Das Ergebnis scheint den Anforderungen nicht genügt zu haben. Also werden die Zeugen zur staatsanwaltschaftlichen Vernehmung vorgeladen. Die Polizei ist bei dieser Vernehmung ebenfalls anwesend.

Aber halt! An dieser Stelle beantragt der Verteidiger, auch ihm die Anwesenheit bei den Zeugenvernehmungen zu gestatten.

Die objektivste Behörde der Welt lehnt das ab. Die Frage nach den Gründen wird (O-Ton der Sachbearbeiterin) mit den Worten beantwortet: „Weil ich das so entschieden habe.“

Auf den (mehrfachen) Hinweis, daß das keine Begründung für die Entscheidung ist, sondern lediglich die Entscheidung selbst zum wiederholten Male bekanntgibt, heißt es dann (wieder O-Ton der Sachbearbeiterin): „Ich möchte mich zu den Gründen nicht äußern.“

So macht man das!

Den Verteidiger von der Vernehmung ausschließen, gemeinsam mit der Polizei eine Druckbefragung vornehmen und anschließend die Gründe verschweigen. Auf die Ergebnisse dieser Verfahrensweise (und auf ihre Werthaltigkeit) darf man gespannt sein.

Die Entschlossenheit, mit der hier Geheimermittlungen vorgenommen werden, ist schon bemerkenswert. So offen zu erkennen zu geben, was man auf die Rechte des Beschuldigten gibt – nämlich nichts – und was man von der Teilnahme der Verteidigung im Ermittlungsverfahren hält – nämlich offenbar noch viel weniger – ist erst recht der öffentlichen Aufmerksamkeit wert.

Genauso sind die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft übrigens auch schon zu den höchst autoritären Zeiten der Strafjustiz des allerersten Preußenkönigs geführt worden. Viel geändert hat sich sich bei der Staatsanwaltschaft in den vergangenen 300 Jahren gedanklich anscheinend nicht.

Und sie meint wahrscheinlich, auf diese Weise der Wahrheitsfindung gedient zu haben. Oder wozu soll diese Verfahrensweise sonst dienen?

 

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