Wie vorsichtig muß man im Umgang mit kommunaler Verwaltung sein, um deren Funktionsfähigkeit nicht völlig lahmzulegen?
Sehr vorsichtig, wie folgendes Beispiel zeigt.
Ebenso zuversichtlich wie arglos habe ich am 08.12.2016 bei der Stadt Rathenow eine Adressenanfrage gestellt. Ich hätte gewarnt sein sollen, daß die Stadt Rathenow schon nicht in der Lage ist, die Kontonummer zu veröffentlichen, an die die Auskunftsgebühr zu überweisen ist. Aber ich habe sie herausbekommen und überwiesen (auch am 08.12.2016).
Nun hätte das geschehen soll, was in solchen Fällen – in allen Kommunen der Bundesrepublik Deutschland gleich – nach dem Bundesmeldegesetz geschehen soll. Nämlich die Überprüfung, ob die Gebühr eingegangen ist, die Nachschau der Adressdaten zu der angefragten Person und die Mitteilung derselben an den Antragsteller oder die Negativauskunft, daß keine Daten vorliegen.
Stattdessen: Schweigen.
Am 09.01.2017 habe ich mich im Wege der Dienstaufsichtsbeschwerde bei der Stadf Rathenow erkundigt, was eigentlich aus der beantragten Meldeauskunft geworden ist.
Es schrieb mir am 12.01.2017 der Erste Beigeordnete Dr. Hans-Jürgen Lemle. Und zwar erfolge seit dem Zeitpunkt des Zahlungseingangs eine „kontinuierliche Bearbeitung“ des Vorganges. Dieser sei „auf Grund der laufenden Ermittlungen“ noch nicht abgeschlossen.
Das ist er übrigens bis heute – sechs Wochen nach meiner Anfrage – nicht.
Ich bin gerührt. Da beschäftigt sich das Einwohnermeldeamt seit sechs Wochen kontinuierlich – auf deutsch: dauernd – mit meinem Antrag, die aktuelle Adresse einer einzelnen Person, deren Name, Geburtsdatum und frühere Anschrift ich bereits mitgeteilt habe, zu „ermitteln“. Wie muß ich mir das vorstellen? Geht ein Nachtwächter der Stadt Rathenow herum und ruft die betreffende Person aus? Oder wird nicht doch das Melderegister der Stadt Rathenow computergestützt geführt, wie überall sonst auch? Und wenn letzteres: was für ein Niederdruck-Dampfcomputer muß das sein, daß sich die angefragten Daten auch nach sechs Wochen noch nicht bis zum Ersten Beigeordneten Dr. Lemke herumgesprochen haben und er mitteilen kann – wie das in solchen Fällen üblicherweise geschieht -, daß die Auskunft nunmehr unverzüglich erteilt wird. Oder habe ich durch meine Dienstaufsichtsbeschwerde den Ersten Beigeordneten aus tiefem Schlaf geweckt und er hat im ersten Schrecken irgendetwas abgesondert, was ihm erst einmal etwas Zeit zum Nachdenken verschaffen sollte? Immerhin schließt sein Schreiben – wohlgemerkt nach Wochen des Wartens – mit den Worten „Ich bitte um etwas Geduld.“
Es tut mir beinahe schon leid. Ich habe offenbar durch meine Meldeanfrage die Verwaltung der Stadt Rathenow – jedenfalls im Einwohnermeldeamt – für Wochen stillgelegt. Wenn diese Stadt einen einfachen Vorgang schon kontinuierlich über Wochen bearbeiten muß – was wird dann aus komplexen kommunalen Entscheidungsprozessen, wie sie ja auch mal vorkommen?
Nachtrag
Ich habe nach einer weiteren Woche Post von Bürgermeister Ronald Seeger bekommen. In 10 Tagen teilt er mir die Auflösung des Rätsels mit.