Wer oder was ist die Zentrale Abschiebestelle?

In Ausländersachen findet sich nicht selten der Verweis auf die „Zentrale Abschiebestelle des Landes Sachsen-Anhalt“ in Halberstadt.

Diese Stelle nimmt es den Ausländerbehörden der Kreise und Städte die Organisation der Abschiebung im Einzelfall ab. Hat der Ausländer keinen Paß, besorgt die zentrale Abschiebestelle einen Ausweis, der die (einmalige) Einreise in das Zielland ermöglicht. Sie bucht die Reise. Sie organisiert die Abholung der Betroffenen durch die Polizei am Abend vorher oder früh am Morgen, sorgt dafür, daß sie bis zum Abflug (oder sonstigen Beginn der Reise) eingesperrt werden, und organisiert, wo sie das für erforderlich hält, die Flugbegleitung.

Diese Stelle ist wichtig. Jedenfalls solange, wie das Land mit Ausländern verfährt, wie das gegenwärtig geschieht. Es ist – kurz gesagt – den Behörden nahezu völlig gleichgültig, wer da kommt und welche Voraussetzungen er mitbringt, solange nur die Abschiebungszahlen in etwa mit den Zuwanderungszahlen Schritt halten und die Zahl der in Deutschland – bzw. in Sachsen-Anhalt – aufhältigen Ausländer in etwa gleich gehalten werden kann.

Nebenbemerkung: vor diesem Hintergrund wird klar, welch entscheidender Paradigmenwechsel mit einem Einwanderungsgesetz verbunden sein könnte, und warum der Wunsch, es möge alles so bleiben wie es ist, zu erbitterter Bekämpfung dieses Gesetzesvorhabens führen muß. Wie einfach ist doch die Steuerung der Ausländerzahlen, mit der Gleichung, daß genauso viele gehen (müssen) wie kommen.

Zurück zur zentralen Abschiebestelle.

Diese Stelle scheint es gar nicht zu geben.

Auf der website des Landkreises Harz sucht man sie vergeblich – kein Stichwort dazu.

Im Organigramm des Landkreises ist sie nicht enthalten.

Die Sachbearbeiterin für Öffentlichkeitsarbeit Ingelore Kamann erklärt am Telefon, eine solche Stelle gebe es beim Landkreis nicht!

Sind das nun gute oder schlechte Zeichen? Schämt man sich dieser Dienststelle? Man wird doch wohl nicht deren Existenz und Tätigkeit verheimlichen wollen.

Schließlich erklärt die Sekretärin des Landrates, daß es die Stelle gibt, braucht aber eine Weile, um die Telefonnummer zu finden.

Die Zentrale Abschiebestelle gibt es! Dort beim Landkreis Harz, Friedrich-Ebert-Straße 42 in 38820 Halberstadt erreicht man Herrn Kaiser unter der Telefonnummer 03941-5970-4663. Auf Anfrage erfährt man von ihm das Aktenzeichen eines bestimmten Abschiebefalles, wenn man ihm Name und Geburtsdatum des Betroffenen nennt. Auf die Frage, ob man bei ihm Akteneinsicht in dieser Sache beantragen kann, sagt Herr Kaiser (Betonung im Original): „Beantragen können Sie die Akteneinsicht ja.“

Warum nur vermitteln Kontakte mit den Ausländerbehörden dieser Bundesrepublik so häufig den Eindruck, nicht nur der Betroffene und sein Anwalt sähen den Obrigkeitsstaat durch die recht dünne Schicht von Verfahrensrechten durchschimmern, sondern auch den Behördenmitarbeitern sei die Vorstellung von der „Fremdenpolizei“ (wie die Ausländerbehörde in Österreich und der Schweiz heißt), die sich mit dem andersartigen und unvertrauten „Fremden“ und dabei vor allem mit dessen Abwehr beschäftigt, nicht fern?

 

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