Liebe in Zeiten der Corona

ist das, was sie immer war. Sie hört nicht einfach auf, obwohl Jens Spahn sagt, man solle sich vorher und hinterher die Hände waschen.

Seltsame Blüten kann man aber derzeit im Umgang deutscher Behörden mit den nun einmal herrschenden besonderen Verhältnissen beobachten.

Konkreter Fall: die ukrainische Ehefrau eines Deutschen kommt Monate vor Corona nach Deutschland zu Besuch zu ihrem Ehemann und entschließt sich, hier bei ihm zu bleiben. Sie läßt ihre Rückfahrkarte verfallen und beantragt eine Aufenthaltserlaubnis. Alle Voraussetzungen für ein Bleiberecht liegen vor.

Nur der Landkreis Stendal – noch nie durch besondere Augenmaß bei der Anwendung ausländerrechtlicher Vorschriften zur Verhinderung jeglichen Ausländerzuzugs aufgefallen – kommt zu dem Ergebnis, daß die Antragstellung im Heimatland ein ganz besonders wichtiges, nein: das „wichtigste Instrument der Steuerung der Zuwanderung“. Will sagen: Raus aus Deutschland und ab in die Ukraine, allwo die Ehefrau dann den Antrag auf Familienzusammenführung stellen kann.

Termine vergibt die Botschaft in Kiew seit Monaten keine – doch, sagt das Rechtsamt des Landkreises: in acht Wochen wäre es soweit, wenn man es schaffte, sich den nur online angebotenen Termin zu schnappen.

Bearbeitungsdauer nach erfolgter Antragstellung: üblicherweise drei Monate.

Da hätte der Landkreis dann die Zuwanderung schon mal um fünf bis sechs Monate gesteuert. Wer braucht einen Flügel, wenn man über solche Pianisten verfügt, die die Klaviatur des Ausländerrechts aus dem ff beherrschen?

Aber zur Hochform läuft der Leiter des Rechtsamts erst jetzt auf. Zwar hat die Botschaft – die Zeit erzwingt es – den Betrieb jetzt ganz eingestellt und vergibt nicht nur auf absehbare Zeit keine neuen Termine mehr. Sie bedient auch die bereits vereinbarten Termine nicht mehr. Aber die Ausländerin ist ja immer noch im Land. Da dekretiert der Rechtsamtsleiter, es werde mit der Abschiebung auch auf keine Entscheidung des Verwaltungsgerichts gewartet. So sicher ist er sich seines Urteils, daß er sofortige Maßnahmen ankündigt.

Und da sind wir an einem Punkt, an dem sich die Verwaltung – jedenfalls die des Landkreises Stendal – endgültig über die Niederungen der Realität erhoben hat und in einem vielleicht nicht rechts- aber jedenfalls in einem sinnfreien Raum schwebt: gegen Ihre Entschlossenheit, Herr Br., kann ja der Umstand, daß die Ukraine, Polen und Tschechien ihre Grenzen geschlossen haben, und die Betroffene gar nicht ausreisen könnte, selbst wenn sie wollte, gar nichts ausrichten.

Von Rechtsanwendung möchte ich gar nicht sprechen. Denn Rechtsnormen zitieren heißt ja nicht sie verstehen. Insofern ist der Vorgang vielleicht einfach nur banal und dumm. Andererseits: so vollständig über den Dingen zu schweben, daß die Schicksale der Betroffenen nicht mehr zu erkennen sind, hat schon etwas Erschreckendes.

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